Schon immer waren Kündigungsgespräche ein Tabuthema. Und sind es auch jetzt in Zeiten von Corona und Kurzarbeit. Keiner möchte sich gerne damit beschäftigen. Denn schon alleine der Gedanke daran schürt viele Ängste. In vielen Unternehmen wird es hoffentlich nicht zu diesem Schritt kommen. Andere Unternehmen wissen schon heute, dass sie sich mit dem Ende der Kurzarbeit von Mitarbeiter/innen trennen werden müssen.
In diesem Artikel möchte ich Ihnen die wichtigsten Eckpunkte für eine professionelle Kündigung aufzeigen. Durch intensive Vorbereitung auf diese schwierige Situation können bereits viele Fehler vermieden werden. Im Gespräch selbst beeinflusst nicht nur die Haltung der Führungskraft dem Mitarbeiter gegenüber den Verlauf. Auch die Klarheit der Trennungsbotschaft, die genannten Gründe für diesen Schritt sowie das professionelle Umgehen mit den eigenen Gefühlen und den Gefühlen des Gekündigten ermöglichen einen für beide Seiten erträglichen Trennungsprozess.
Seit über fünfzehn Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema „professionelle Trennungskultur“. Damals haben meine damalige Geschäftspartnerin und ich als erste Trainerinnen ein eintägiges Training zu diesem Thema beim renommierten Hernstein Institut angeboten. Das Interesse bei den Personalern war groß, die Anmeldungen zum Seminar waren dann aber gleich Null. Unmöglich war der Gedanken, den eigenen Mitarbeitern mitzuteilen, dass man an einem solchen Seminar teilnimmt. Viele Phantasien gab es darüber, was das auslösen könnte. Nun, über die Jahre, ist die Vorbereitung auf Kündigungsgespräche anschlussfähig geworden und wird der große Nutzen gesehen. Und darum geht es hier auch im Weiteren.
„Unglücklich macht meist nicht das Was, sondern das Wie.“ Dieser Spruch hat besonders für Trennungsgespräche Relevanz. Wie eine Kündigung ausgesprochen wird, hat Auswirkungen auf die Psyche des Mitarbeiters. Allein die Tatsache entlassen zu werden ist schon beschämend genug. Eine unprofessionelle Kündigung, beispielsweise per Mail, unterminiert das Selbstbewusstsein zusätzlich.
Gekündigte Mitarbeiter kommunizieren erwiesenermaßen ihre Erfahrung in Trennungsprozessen nach außen und können somit die wertvolle Unternehmermarke schädigen. Aber auch im Unternehmen verbleibende Mitarbeiter/innen beobachten sehr genau, wie mit Kolleg/innen in Kündigungsprozess umgegangen wird.
Die wesentliche Aufgabe eines Kündigungsgespräches besteht darin, professionell die schockierende Nachricht zu vermitteln, angemessen mit der Reaktion umzugehen und das Gefühl zu vermitteln, als Führungskraft für den Mitarbeiter zu Verfügung zu stehen.
Vier Eckpunkte für das Trennungsmanagement
Laurence Andrzejewski war einer der ersten, der mit seinem Buch „Trennungsmanagement“ vor 18 Jahren dem professionellen Trennungsmanagement einen wesentlichen Stellenwert als Führungsinstrument verschaffte.
Andrzejewski definiert vier Eckpunkte für das Trennungsgespräch:
- Wer: Das Trennungsgespräch ist ein vier Augengespräch, dass der direkte Vorgesetzte (gegebenenfalls mit der Unterstützung von HR) mit dem betroffenen Mitarbeiter führt.
- Wann: Es findet nach gute Vorbereitung, tagsüber, nicht am Freitag, sondern so früh möglich nach der Entscheidung und ohne große Vorankündigung statt
- Wo: Es findet, für andere uneinsehbar, im Büro des Vorgesetzten statt
- Wie lange: Es dauert 7-15 Minuten und endet mit der Vereinbarung eines Folgetermines und der Überleitung zu einem Auffanggespräch
Vorbereitung – Die ersten fünf Sätze
Die Vorbereitung ist die halbe Miete. Neben der formalen Vorbereitung der benötigten Unterlagen, geht es vor allem um die inhaltliche Vorbereitung.
Als Führungskraft überbringen Sie eine schlechte Nachricht und bei einem solchen Gespräch ist ein Warm-up fehl am Platz. Stattdessen geht es darum, die Botschaft innerhalb der ersten fünf Sätze zu vermitteln. Das ist für die meisten die größte Herausforderung! Wie können nun diese fünf Sätze aussehen? Nachfolgend finden Sie ein Beispiel:
Die ersten fünf Sätze
- Erster Satz – Einführung: Frau X, ich muss heute ein ernstes Gespräch mit Ihnen führen, dessen Inhalt ich zutiefst bedaure.
- Zweiter Satz-kurze Begründung: Sie wissen, dass wir Corona-bedingt in Kurzarbeit sind und unsere Auftragslage sich nicht verbessert hat.
- Dritter Satz: Daher hat sich die Geschäftsführung nach reiflicher Überlegung entschieden, Personal abzubauen.
- Vierter Satz – die Kündigung: Da Sie erst ein Jahr bei uns und noch jung sind, sind Sie leider aufgrund der Sozialauswahl eine der Betroffenen.
- Fünfter Satz: Frau X, ich muss Ihnen leider heute die betriebsbedingte Kündigung aussprechen, und zwar fristgerecht zum…
Diese fünf Sätze sind das Kernstück eines jeden Trennungsgesprächs. Sie bringen wertschätzend die negative Botschaft auf den Punkt. Es macht durchaus Sinn, sich die fünf Sätze schriftlich vorzubereiten und sie möglicherweise auch auswendig zu lernen. Umso leichter wird es Ihnen fallen, sich nicht durch ein schlechtes Gewissen ablenken zu lassen und in lange Ausflüchte und Erklärungen zu gehen, bevor Sie die Trennung aussprechen. Solch ein „Drum-herum-Reden“ ist für die Betroffenen unangenehm, vor allem, wenn sie schon ahnen, was auf sie zukommt.
Kein gutes Ende – die innere Vorbereitung als Führungskraft
Denn egal wie man es dreht oder wendet, bei einer Trennung gibt es nie ein gutes Ende! Ganz wesentlich ist auch die innere Vorbereitung für Sie als Führungskraft. Möglicherweise haben Sie eine starke emotionale Bindung zu ihrem Mitarbeiter. Sie kennen seinen privaten Hintergrund und haben wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen, ihn mit einer solchen desaströsen Nachricht zu konfrontieren und das in Zeiten, in denen auch andere Unternehmen kündigen. Zugehörigkeit und Verbundenheit sind Teil unserer psychologischen Grundbedürfnisse. Eine Kündigung verletzt diese Grundbedürfnisse massiv. Betroffen sind davon nicht nur der Gekündigte, sondern auch die verbleibenden Mitarbeiter/innen und Sie als die aussprechende Führungskraft.
Als Vorgesetzter haben sie einiges auszuhalten. Möglicherweise haben Sie wenig Erfahrung, vielleicht machen Sie sich Sorgen, ob sie selbst betroffen sein werden. Dazu kommt, jedes Gespräch ist einzigartig. Harmonie ist an dieser Stelle nicht mehr möglich, die Botschaft ist endgültig und es gibt kein Danach. Es kann vom Gekündigten keine Zustimmung zum Vorhaben geben. Führungskräfte müssen sich damit abfinden, dass lediglich Schadensbegrenzung möglich ist. Umso wichtiger ist es daher, sich mit diesen Gedanken und Gefühlen auseinander zu setzen und sie auch zuzulassen. Auch für Sie als Führungskraft geht es am Ende um die Akzeptanz des Unvermeidbaren und um den Willen, so wertschätzend wie möglich zu handeln. Mitleid ist hier fehl am Platz, Mitgefühl allerdings schon.
Die Bleibenden
Die verbleibenden Mitarbeiter werden in einem solchen Prozess oft vergessen. Dabei hat ihr Befinden maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens. Ihre Bindung ans Unternehmen muss erhalten und gefestigt werden.
Verbleibende haben ein feines Gespür dafür, ob Trennungsprozesse fair oder unfair ablaufen und ziehen daraus ihre Konsequenzen. Daher ist eine offene Kommunikation mit dem restlichen Team in Form eines Meetings und zeitnah zur Kündigung unabdingbar.
Was ist in diesem Meeting zu bedenken?
Geben Sie den Verbleibenden so viele Informationen wie möglich. Würdigen Sie ehrlich die Leistungen und/oder Persönlichkeit der Gekündigten. Stehen Sie dazu, wenn Sie gewisse Informationen nicht haben oder nicht weitergeben dürfen. Lassen Sie Raum für Gefühle, Frust und Ärger. Hier geht es nicht darum, alle Fäden in der Hand zu haben, sondern der Betroffenheit, den Ängsten, vielleicht auch dem Ärger Raum zu geben. Bekennen Sie sich auch zu Ihrer eigenen Betroffenheit. Das ist nur menschlich und darum geht es an dieser Stelle. Seien Sie ein Leader und kein Manager.
Professionelle Trennungsgespräche sollten gelernt und geübt werden
Üblicherweise werden Mitarbeitergespräche in Trainings geübt und vorbereitet. So sollte es auch mit den Trennungsgesprächen sein. Sie sind essenzieller Bestandteil im Werkzeugkoffer jeder Führungskraft. Wenn Sie mehr dazu wissen wollen oder gerne Unterstützung hätten, kontaktieren Sie mich doch einfach. Ich freue mich, mein Wissen weitergeben zu können. Weiterführende Literatur: Laurenz Andrzejewski: Trennungskultur: Handbuch für ein professionelles, wirtschaftliches und faires Kündigungsmanagement, Luchterhand, 2002